«Man kann sich das Immunsystem als Uhrwerk vorstellen, bei dem jedes Rädchen wichtig ist und alles miteinander zusammenhängt», erklärt Diana Studerus, Ernährungsberaterin im Gastrozentrum an der Klinik Hirslanden. Unser Immunsystem umfasst demnach verschiedene Blutzellen, die sich in der Abwehr gegen Keime gegenseitig unterstützen. Damit dies funktioniert, spielt die Ernährung eine wichtige Rolle. Denn: «Über die Nahrung führen wir unserem Körper lebensnotwendige Nährstoffe zu, die dafür sorgen, dass unser Immunsystem im Einklang bleibt», sagt Diana Studerus.
«Die Makronährstoffe dienen unserem Körper als Treibstoff und sind Hauptbestandteil der Nahrung.»
Die wichtigsten Nährstoffe
Nährstoffe werden in Mikro- und Makronährstoffe unterteilt. «Die Makronährstoffe dienen unserem Körper als Treibstoff und sind Hauptbestandteil der Nahrung», erklärt die Ernährungsexpertin. Zu ihnen gehören demnach Kohlenhydrate, Fette und Proteine (Eiweisse). Die Mikronährstoffe umfassen Vitamine und Mineralstoffe. Die Mineralstoffe werden wiederum unterteilt in Mengen- und Spurenelemente. Letztere sind besonders wichtig für die Funktion der weissen Blutkörperchen. Über die Hälfte des Immunsystems besteht aus Neutrophilen (weisse Blutkörperchen), deren Hauptaufgabe es ist, Krankheitserreger abzuwehren. Das Spurenelement Eisen ist besonders wichtig, damit die Neutrophilen Proteine, bzw. Enzyme, bilden und ausschütten können, um Keime direkt abzuwehren. Studien zeigen auch, dass bereits ein leichter Zinkmangel die Infektanfälligkeit erhöht. «Biochemisch betrachtet gibt es also zahlreiche, direkte Einflussfaktoren verschiedener Mikronährstoffe auf die Immunzellen», führt Diana Studerus aus.
Mikronährstoffe unterstützen das Immunsystem
Mikronährstoffe unterstützen die Funktion der Immunzellen. Wichtig sind dabei nebst den erwähnten Spurenelementen Eisen und Zink, die Vitamine A und D sowie Magnesium. «Sehr vereinfacht kann man sagen, dass Vitamin D das Immunsystem justiert und vor Autoimmunreaktionen (Reaktionen, bei denen sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper wendet) schützt und gleichzeitig die Produktion von sogenannten Defensinen stärkt», erklärt Diana Studerus. Defensine sind kleine Eiweissverbindungen, die ein weites Wirkspektrum gegenüber Viren, Bakterien und Pilzen haben. «Damit das Vitamin D diese Funktion wahrnehmen kann, braucht es sogenannte Synergisten – denken Sie wieder an das Uhrwerk», sagt Studerus und ergänzt: «Vitamin A ermöglicht erst die Wirkung von Vitamin D und das Spurenelement Zink verstärkt die Wirkung der aktiven Vitamin-D-Form im Stoffwechsel, Magnesium reguliert wiederum viele Enzyme im Vitamin-D-Stoffwechsel. Ein komplexes Zusammenspiel». Auch andere Mikronährstoffe wie Vitamin C, Selen, Vitamin B6 und Vitamin B12 nehmen Einfluss auf das Immunsystem.
«Mikronährstoffe unterstützen die Funktion der Immunzellen.»
Wann sind Supplements sinnvoll?
Nicht alle Nährstoffe können ausreichend über die Ernährung aufgenommen werden. Die Verzehrdaten aus der Schweiz zeigen beispielsweise, dass die Magnesium- und Selenversorgung knapp ist, ebenso ist die Vitamin-D-Versorgung im Winter nur mittels Supplements möglich. Vitamin C, B6 und B12 werden vergleichsweise besser zugeführt. Auch für die Spurenelemente Eisen und Zink besteht für gewisse Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel für ältere Menschen, ein Risiko einer Unterversorgung. «In meiner Tätigkeit als Ernährungsberaterin rücke ich diese Nährstoffe in den Fokus, und arbeite im Zweifelsfall immer mit einem Multivitaminsupplement», erklärt die Expertin. Ein Multivitaminsupplement hat den Vorteil, dass alle essentiellen Mikronährstoffe (nicht nur die, die für das Immunsystem wesentlich sind) zugeführt werden. Dazu kommt, dass einfach aufnehmbare Verbindungen gewählt werden, die Dosierung gezielt erfolgt und eine Überversorgung damit ausgeschlossen werden kann. «Für Multivitaminsupplements gibt es eine gesetzliche Limite, die vorgibt, wie viel von den jeweiligen Nährstoffen drin sein darf. Bei Monopräparaten gibt es das häufig nicht», erklärt Diana Studerus. Besonders bei den Vitaminen A und D sowie bei den Spurenelementen ist ein «zu viel» ebenso mit gesundheitlichen Risiken verbunden wie bei einer Unterversorgung.
Nährstoffreiche Lebensmittel
«Auch wenn die Leber zwar kein populäres Lebensmittel ist, ist sie dennoch sehr empfehlenswert. Sie ist nämlich reich an Mikronährstoffen», sagt Studerus. Auch Eigelb enthält pro Gramm eine beachtenswerte Menge der kritischen Mikronährstoffen. Vitamin A und D finden sich primär in fettreichen, tierischen Lebensmitteln. Beta-Carotin, die Vorstufe zu Vitamin A findet sich auch in Pflanzen, etwa in Karotten oder Kürbissen. Im Vergleich zu pflanzlichen Lebensmitteln wie Nüssen, Getreide (zum Beispiel Haferflocken) und Linsen haben Mikronährstoffe aus Ei und Leber eine viel bessere Bioverfügbarkeit (Angabe in welchem Umfang, in welcher Zeit und an welchem Ort der Wirkstoff nach der Einnahme im Körper wirkt). «Deshalb darf bei pflanzlichen Lebensmitteln die Angabe der Nährstoffe pro 100 Gramm hinterfragt werden – wie viel davon nämlich wirklich im Körper ankommt, kann nicht ermittelt werden.» Diana Studerus handhabt es in der Praxis deshalb wie folgt: «Ich schaue mir die Essgewohnheiten und Wertvorstellungen meiner Patient*innen genau an. Oft wählen wir dann eine Mischung aus ausgewogener Ernährung und Supplements. Essen ist eben doch sehr individuell.»
Täglich etwas Rohes essen
«Im Winter kann man sich überlegen, Vitamin D via Supplement einzunehmen und zwei- bis dreimal die Woche ein Multivitamin-Supplement», erklärt Studerus. Dazu täglich etwas Rohes für die Vitamin-C-Zufuhr essen (Früchte, Gemüse, Salate, Sprossen), sowie Vollkorngetreide, Samen und Kerne für die Spurenelemente zu sich nehmen. «Das ist eine gute und praktikable Grundlage – unabhängig von Alter und Gesundheitszustand».
Vitamin C verkürzt die Erkältungsdauer
Für Vitamin C bestehen mehrere Studien, die zeigen, dass eine regelmässige Vitamin-C-Supplementierung (≥ 1 g Vitamin C pro Tag) die Erkältungsdauer bei Erwachsenen um acht Prozent und diejenige bei Kindern um 18 Prozent verkürzt. Der Schweregrad eines Infekts hängt dabei ebenso mit der Vitamin-C-Zufuhr zusammen. Man ist nicht seltener krank, aber weniger lange und weniger stark. Bei einer Zink-Zufuhr ist der Effekt noch ausgeprägter: Eine Metaanalyse zeigt, dass die Erkältungsdauer durchschnittlich 33 Prozent kürzer ist, wenn gleich zu Beginn (innerhalb von 24 Stunden nach Auftreten der Symptome) Zink eingenommen wird. Es sollte als Lutschtablette (als Zinkacetat oder Zinkglukonat) in einer täglichen Dosierung von 75 bis 90 mg zugeführt werden, bis der Infekt vorbei ist. Werden die Präparate kombiniert, scheint dies den Effekt noch zu verstärken. Eine Studie zeigte, dass nach fünf Tagen bei 50 Prozent der Probanden, die eine Supplementation mit 1 g Vitamin C und 10 mg Zink pro Tag (was eher wenig ist) zu sich genommen haben, eine völlige Symptomfreiheit auftritt. In der Placebogruppe war dies bei knapp 30 Prozent der Fall. Da Vitamin C und Zink in diesen Dosierungen mittels Ernährung nicht ausreichend zugeführt werden können, lohnt es sich bei beginnenden Infekten in solche Kombi-Supplemente zu investieren. «Trinken Sie dazu genügend Wasser oder Tee und gönnen Sie sich Ruhe», rät Diana Studerus.
Was sind Mikronährstoffe?
Mikronährstoffe liefern dem Körper im Gegensatz zu den Makronährstoffen (Kohlenhydrate, Eiweisse, Fette) zwar keine Energie, sind in bestimmten Mengen aber unverzichtbar (essentiell). Zu den Mikronährstoffen zählen in erster Linie 13 Vitamine und 26 Mineralstoffe (davon sieben Mengenelemente und 19 Spurenelemente), proteinogene, essentielle Aminosäuren und Omega-Fettsäuren. Der Körper kann teilweise selbst Mikronährstoffe herstellen (zum Beispiel Vitamin D), dennoch ist die Zufuhr dieser Substanzen über die Ernährung unerlässlich. Mikronährstoffe sind am Stoffwechsel innerhalb der Zellen und damit an den Grundfunktionen des Körpers beteiligt, etwa dem Zellwachstum und der damit verbundenen Erneuerung von Haut, Knochen, Muskulatur, Blutkörperchen, der Nervenreizleitung sowie der Bildung von Botenstoffen.
Rezept «Vitamin-Booster»
- 3 Kiwi
- 1 Orange
- 1 Grapefruit
Zubereitung
Schälen Sie die Früchte und schneiden Sie sie in Stücke. Pürieren Sie die Stücke anschliessend, bis eine dickflüssige Masse entsteht. Bei Bedarf können Sie die Masse mit etwas Wasser verdünnen. Wer mag, gibt etwas frischen Ingwer dazu oder frischen Buttenmost (Hagebuttenmus).
Rezept für einen eisen- und magnesiumreichen Porridge
- 20 g Hirseflocken
- 25 g Haferflocken
- 20 g Kürbiskerne oder Sesamsamen (wer mag röstet sie an)
- 20 g Rosinen
- 150 ml Hafermilch oder Kuhmilch
- 2 Kiwi oder 1 Orange
- 1 Prise Zimt
- Ahornsirup
Zubereitung
- Flocken und Rosinen mischen und mit Milch unter Rühren zum Kochen bringen, danach Deckel drauf, Herdplatte ausstellen und 15 Min. quellen lassen.
- Obst schälen und in kleine Stücke schneiden.
- Porridge in eine Schale geben, leicht mit Zimt bestreuen, Obst darauf verteilen und nach Belieben mit Ahornsirup süssen.
Das im Obst enthaltene Vitamin C hilft, das Eisen aus den Flocken und den Kernen besser aufzunehmen.
«Nicht alle Nährstoffe können ausreichend über die Ernährung aufgenommen werden», sagt Diana Studerus, MSc Nutrition & Dietetics, Ernährungsberaterin SVDE im Gastrozentrum in der Klinik Hirslanden.