Etwas vorweg: Vitamin D ist streng genommen kein Vitamin, sondern ein Hormon. Dieses wird vom Körper selbst hergestellt, und zwar unter Einfluss von Sonnenlicht (UVB-Licht). «Vitamin D ist wichtig für gesunde Knochen und die Muskulatur», sagt Dr. med. Dr. phil. Anna Margareta Erat. Sie ist Chefärztin im Hirslanden Check-up Zentrum in Zürich.
Vitamin D ist das einzige «Vitamin», das vom Körper selbst synthetisiert, also hergestellt, werden kann. Das in der Haut gebildete Vitamin D trägt zu zirka 80 bis 90 Prozent zur Vitamin-D-Versorgung bei. Unser Organismus bildet mit Sonnenlicht (UVB-Strahlung), das auf unsere Haut scheint, das Vitamin D.
Die restlichen 10 bis 20 Prozent stammen aus der Nahrung: Gute Vitamin-D-Quellen sind zum Beispiel fette Fische (u.a. Lachs, Hering und Makrele) sowie Eigelb, Milchprodukte und Speisepilze.
Vitamin D ist jedoch nicht nur für Muskeln und Knochen gut, sondern unterstützt auch das Immunsystem. Unser Abwehrsystem müsse immer im Gleichgewicht sein, sagt Dr. med. Dr. phil. Anna Margareta Erat. «Es gibt Studien, die zeigen, dass sich Vitamin-D-Rezeptoren auf allen weissen Blutkörperchen, den Immunzellen, befinden». Vitamin D wirke daher über wichtige Zellen des Immunsystems und hat eine immunmodulierende Wirkung – ein schwaches Immunsystem wird gestärkt, und bei Allergien sowie Autoimmunkrankheiten dämpft Vitamin D die Immunabwehr.
Laut der Fachexpertin Dr. med. Dr. phil. Erat brauchen nicht alle Vitamin-D-Supplemente. Mit dem Alter nimmt jedoch die Fähigkeit der Haut ab, Vitamin D zu bilden. Deshalb sind Nahrungsergänzungsmittel mit steigendem Alter häufig sinnvoll.
Weiter spielt die Dauer, während der die Haut der Sonne ausgesetzt wird, eine Rolle. Personen, die sich im Süden oft im Freien aufhalten, haben mehr Gelegenheit, Vitamin D zu bilden – im Gegensatz zu Personen, die viel Zeit in Innenräumen und im Büro verbringen.
Auch der Hauttyp spielt eine Rolle. Personen mit einem dunkleren Hauttyp haben bei gleicher Sonneneinstrahlung eine geringere Vitamin-D-Produktion in der Haut als Personen mit einem helleren Hauttyp.
Gemäss dem Expertenbericht der Eidgenössischen Ernährungskommission liegt bei einer 25(OH)D-Konzentration unter 50 nmol/l ein Vitamin-D-Mangel vor. Anna Margareta Erat sagt dazu: «Interessanterweise zeigt eine aktuelle Metaanalyse, dass Menschen mit niedrigem Vitamin-D-Spiegel (10–20 nmol/l) rund 86 Prozent mehr Infekte bekommen als Menschen mit einem guten Vitamin-D-Spiegel (60ؘ–90 nmol/l)».
Obwohl Vitamin D für unseren Körper unerlässlich ist, sollte man die zusätzliche Einnahme, in Form von Tabletten oder Tropfen, mit einer Fachperson besprechen. Denn eine Überdosis von Vitamin D führt zu einer zu hohen Kalzium-Konzentration im Blut. «Diese wiederum kann zu Herzrhythmusstörungen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Bewusstseinsstörungen führen», sagt Dr. med. Dr. phil. Anna Margareta Erat. Unter Umständen kann es zu Nierensteinen und im schlimmsten Fall zum Tod kommen.
Die Einnahme gewisser Medikamente (unter anderem einige Cholesterinsenker, Mittel gegen Pilzinfektionen, Kortison, Medikamente gegen Krampfanfälle) erhöhen das Risiko für eine Vitamin-D-Unterversorgung.
Ebenso können gewisse Faktoren wie eine Gluten-Unverträglichkeit oder chronisch-entzündliche Darmkrankheiten wie Morbus Crohn einen negativen Einfluss auf die Vitamin-D-Versorgung haben. Diese Personen benötigen oft Vitamin-D-Supplemente.
Ältere Menschen sind vermehrt auf die Zufuhr von Vitamin D über die Nahrung und durch Supplemente angewiesen. «Schwangere sollten ihren Frauenarzt frühzeitig konsultieren, damit eine adäquate Vitamin-D-Zufuhr gewährleistet ist», empfiehlt Dr. med. Dr. phil. Erat.
Und auch bei jüngeren Personen sollte man den Vitamin-D-Speicher überwachen. Denn eine starke Unterversorgung mit Vitamin D im Säuglings- und Kleinkindalter kann, laut der Expertin, zu Rachitis führen. Dies weil die Mineralisierung und der Einbau von Kalzium in den Knochen gestört sind. Zu beachten ist jedoch, dass Säuglinge weniger Vitamin D brauchen als zum Beispiel Teenager.
Dr. med. Dr. phil. Anna Margareta Erat ist Chefärztin im Check-up-Zentrum der Klinik Hirslanden in Zürich.