Kurz nicht aufgepasst und auf der vereisten Strasse ausgerutscht oder mit dem Enkelkind im Garten Verstecken gespielt und nicht das Kind, dafür die Hexe gefunden? Viele Ereignisse, die wir umgangssprachlich als Unfall bezeichnen, gelten bei der Versicherung als Krankheit.
Unfall oder Krankheit – warum ist das überhaupt relevant?
Die Grundversicherung ist in die beiden Teilbereiche Unfall und Krankheit aufgeteilt. Sind Sie berufstätig, übernimmt in der Regel Ihr Arbeitgeber den Unfall-Teil* und Sie können diesen aus Ihrer Police ausschliessen. Das heisst also, dass Sie nur für diejenigen Ereignisse mit Franchise und Selbstbehalt aufkommen müssen, welche per Gesetz der Krankenversicherung zugeordnet werden. Sind sie gesetzlich als Unfall definiert, übernimmt die Unfallversicherung. Diese erbringt höhere Leistungen als die Krankenversicherung: Nebst den Heilungskosten auch Taggelder, Invalidenrente, Hinterlassenenrente, Integritätsentschädigung und Hilflosenentschädigung – und dies ohne Franchise und Selbstbehalt.
* Wenn Sie mindestens acht Stunden pro Woche bei demselben Arbeitgeber fest angestellt sind.
«Was als Unfall gilt, ist im Bundesgesetz eindeutig definiert.»
Was ist ein Unfall und was nicht?
Ein Unfall ist im Bundesgesetz (Art. 4 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts) eindeutig definiert: «[Ein] Unfall ist die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat.» Um ein Ereignis der Unfallversicherung zuzuordnen, muss jedes Kriterium dieser Definition erfüllt sein. Beurteilt wird dies im Einzelfall durch den Versicherer, im Zweifelsfall zusammen mit den behandelnden Ärzten.
Sturz auf der vereisten Strasse, Hexenschuss beim Spielen mit den Enkelkindern – Unfälle oder nicht?
Gelten diese beiden Szenarien versicherungstechnisch nun als Unfall oder als Krankheit? Das Ausrutschen auf vereister Strasse gilt als Unfall, der Hexenschuss beim Spielen mit den Enkelkindern hingegen nicht. Warum? Eine vereiste Stelle, auf der jemand ausrutscht, erfüllt das Kriterium «ungewöhnlicher äusserer Faktor» aus der obenstehenden Definition. Anders im Beispiel des Hexenschusses: Eine Patientin klagt nach dem Spielen mit den Enkelkindern über starke Rückenschmerzen. Ursache der Schmerzen: Eine ruckartige Bewegung. Das ist im Spiel mit den Enkeln nichts Aussergewöhnliches und wird daher nicht als «ungewöhnlicher äusserer Faktor» eingestuft.
«Eine durch einen Zeckenbiss hervorgerufene FSME-Infektion gilt versicherungstechnisch als Unfall.»
Ist ein Zeckenbiss ein Unfall oder eine Krankheit?
Etwas speziell mag die jahrzehntelange Praxis in Bezug auf Zeckenstiche anmuten: Führt der Biss oder Stich einer Zecke zu einer Vergiftung oder einer Infektion, so wird gemäss jahrzehntelanger Praxis der obligatorischen Unfallversicherung ein Unfallereignis angenommen. Denn es ist ungewöhnlich, dass ein Zeckenbiss eine Frühsommer Meningoenzephalitis hervorruft – nur gerade ein Prozent der Zecken tragen das Virus in sich.
Wie sieht es mit Unfallfolgen aus?
Es gibt einige Körperschädigungen, welche gemäss Bundesgesetz für die Unfallversicherung grundsätzlich als unfallähnliche Körperschädigung gelten. Dazu zählen: Knochenbrüche, Verrenkungen von Gelenken, Meniskusrisse, Muskelrisse und – zerrungen, Sehnenrisse, Bandläsionen und Trommelfellverletzungen. Entsprechend werden die Leistungen hier immer von der Unfallversicherung übernommen, sofern diese nicht überwiegend auf eine Krankheit zurückzuführen sind.