Ein Gedankenspiel: Die weltbesten Eishockeyspieler kommen in einem Dream-Team zusammen. Spielerisch besticht jeder einzelne. Nur können sie sich nicht leiden. Wie erfolgreich sind sie?
Steven Lingenhag, Athletic Coach beim HC Davos, muss für die Antwort nicht lange überlegen: «Dieses Dream-Team könnte einzelne Spiele gewinnen, aber keine Meisterschaft.» Auch Lingenhags Kollege, Goaliecoach Peter Mettler, ist ähnlicher Meinung: «Ein Team mit den besten Spielern ist nicht zwingend erfolgreich. Eine Mannschaft mit den besten Charakteren schon eher.»
Teambuilding am Berg
Was es für Letzteres braucht, das weiss der Rekordmeister HCD mit seinen 31 Titeln ganz genau. «Eine gute Teamkultur», lautet die Antwort unisono. Der Zusammenhalt sei zentral. Und er habe ganz konkrete Auswirkungen auf dem Spielfeld: «Denn wer wirft sich schon für einen Mitspieler, den er nicht mag, in die Schussbahn?», fragt Goalietrainer Mettler rhetorisch.
Positive Erlebnisse mit den Vereinskollegen festigen diesen Zusammenhalt. Bei den alljährlichen Teamevents vor dem Saisonstart sind immer auch die neuverpflichteten Spieler dabei, die im Juli zur Mannschaft stossen. Der letzte Ausflug führte den HCD auf einer Wanderung zum Partnunsee in St. Antönien und dort auf einen Klettersteig. «Auf dem Eis sprechen alle dieselbe Sprache», sagt Athletic Coach Lingenhag, «aber wer gemeinsam in einer Felswand am Seil hängt, der lernt sich erst richtig kennen.»
Motivieren statt fluchen
Wie steht es aber um die Stimmung in der Mannschaft, wenn der HCD zur Drittelpause mit Rückstand in die Garderobe geht? «Dann ist es der Job des Headcoaches, das Team aufzubauen», sagt Lingenhag. Besondere Verantwortung tragen in solchen Momenten zudem die erfahrenen Spieler wie Andres Ambühl und Magnus Nygren. Hilft eine Wutrede des Trainers? «Nur dann, wenn das Team nicht bei der Sache ist. Das kommt sehr selten vor», sagt Lingenhag.
Die grösste Herausforderung punkto Motivation ist derzeit jedoch die Corona-Pandemie. Im letzten Jahr wurde die Saison vorzeitig abgebrochen. «Die Stimmung war im Keller», erinnert sich Mettler. Mittlerweile hat man sich an den Spielbetrieb während der Pandemie gewöhnt. Und der Teamgeist hat nicht gelitten. Dafür sorgen Aktionen wie die von Goalie Sandro Aeschlimann. Er bestellt jeweils für alle das Mittagessen, damit nicht jeder separat einkaufen muss. In einem Team der weltbesten Spieler, die sich gegenseitig nicht mögen, würde das wohl keiner tun.
Teambuilding-Tipps für Unternehmen und Vereine
- Verbringen Sie trotz Homeoffice möglichst viel Zeit zusammen. Das kann in virtuellen Teamsitzungen sein, in der Small Talk bewusst eingeplant ist.
- Organisieren Sie Teamevents. Gemeinsame Erlebnisse schweissen zusammen. In Corona-Zeiten ist Ihre Kreativität gefragt. Wie wäre es mit einem digitalen Brettspielturnier oder einem gemeinsamen Online-Kochkurs?
- Sprechen Sie nicht ausschliesslich über das Geschäft oder den Verein. Bestimmt finden Sie weitere gemeinsame Interessen. Auch die Chefin oder der Chef darf einmal etwas Persönliches preisgeben.
- Pflegen Sie eine ehrliche Gesprächskultur. Unstimmigkeiten im Team sollten Sie sofort ansprechen – ob als Coach, Chefin oder Mitarbeiter. Lassen Sie ungelöste Konflikte nicht schwelen.
- Beweisen Sie Empathie. Nicht alle Teammitglieder sind gleich, und das sollen sie auch nicht sein.