Ob im Hallenbad oder in der heimischen Badewanne: Regelmässige Wasserkontakte tragen dazu bei, die Scheu vor dem nassen Element abzubauen. Schwimmschulleiter Alessio Ricci gibt im Interview Tipps und Tricks für einen gelungenen und sicheren Start ins Schwimmenlernen.
Alessio Ricci, wie können Eltern ihr Kind ans Wasser gewöhnen?
«Bereits im frühen Kindsalter immer wieder ins Wasser gehen – im Hallenbad oder zu Hause in die Badewanne. Sie dürfen die Kinder anspritzen, ohne dass diese merken, dass es mit Absicht war. Gerade wenn das Kind ängstlich ist, hilft es, regelmässig mit Wasser in Kontakt zu treten, um auf spielerische Art und Weise die Angst zu nehmen. Wenn Kinder am oder im Wasser sind, ist es wichtig, dass ein Elternteil oder eine andere Vertrauensperson immer in unmittelbarer Nähe ist. Das vermittelt Sicherheit.»
Wann können Kinder das Schwimmen lernen?
«Grundsätzlich ab vier Jahren. Es gibt auch dreijährige, die die Schwimmbewegung schon intus haben und bereit dafür sind. Das aufmerksame Zuhören ist in diesem Alter jedoch noch schwierig. Meine Empfehlung lautet: Jedes Kind sollte mindestens einen Schwimmkurs belegt haben.»
Welche Schwimmhilfen eigenen sich fürs Schwimmenlernen?
«Schwimmhilfen sind immer mit Bedacht zu geniessen, da sie Kinder und Eltern in falscher Sicherheit wiegen. Für Kinder, die sich mit einer Schwimmhilfe sicherer fühlen und Freude daran haben, empfehle ich eine Schwimmweste. Eine Weste schränkt die Bewegung nur gering ein, weil die Arme frei bleiben. Trotz Schwimmweste gilt: Sind die Kinder am oder im Wasser braucht es eine Aufsichtsperson. Ausserdem kann eine Schwimmbrille Kindern Sicherheit schenken. Eine, die breit um die Augen geht und die Nase frei lässt.»
Wie bringen Eltern ihren Kindern das Schwimmen bei?
«Das Kind sollte anfänglich spielerisch und langsam an das Element Wasser gewöhnt werden. Es sollte die verschiedenen Wassertiefen kennenlernen, damit es die Tiefe und kühlere Temperatur erfährt. Auch das Reinspringen und Tauchen ist wichtig, damit das Kind später in einer Notfallsituation, wenn es beispielsweise reingeschupft wird, nicht die Orientierung verliert. Haben Sie Geduld und überfordern Sie Ihr Kind nicht mit Aktivitäten oder zu langen Schwimmstrecken.»
Die wichtigsten Sicherheits- und Verhaltensregeln rund ums Wasser
- Luftmatratzen, aufblasbare Schwimmtiere und Schwimmhilfen bieten keinen zuverlässigen Schutz vor dem Ertrinken und entbinden Sie als Eltern nicht von Ihrer Aufsichtspflicht.
- Stellen Sie Regeln auf, wo und wie Ihr Kind schwimmen darf.
- Vergewissern Sie sich bei der Betreuung von Kindern, die nicht Ihre eigenen sind, ob diese tatsächlich sicher schwimmen können.
- Verinnerlichen Sie die Baderegeln gemeinsam mit Ihrem Kind.
- Behalten Sie das Kind im Wasser stets im Auge, damit Sie im Notfall schnell eingreifen können – auch wenn ein Badmeister vor Ort ist.
- Pausen sind auch beim Schwimmen und Spielen im Wasser wichtig.
- Beachten Sie Temperaturunterschiede: Heisse Aussentemperaturen können beim Sprung ins kühle Nass einen Schock auslösen.
- Überfordern Sie Ihr Kind beim Schwimmenlernen nicht. Aber unterschätzen Sie auch nicht die Entwicklungsschritte, die es in den ersten Lebensjahren macht. Haben Sie keine Angst, wenn im Schwimmkurs ein Level wiederholt oder übersprungen wird. Kinder sind sehr individuell.
Wasser-Sicherheits-Check (WSC)
Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) empfiehlt Eltern, ihre Kinder für den Wasser-Sicherheits-Scheck (WSC) anzumelden. Der WSC-Ausweis bestätigt, dass sich Kinder nach einem Sturz ins Wasser selbst an den Rand oder ans Ufer retten können. Um den Ausweis zu erhalten, müssen folgende Aufgaben ohne Unterbrechung nacheinander und ohne Brille, Schwimmbrille oder Nasenklammer gelöst werden:
- Rolle/purzeln vom Rand in tiefes Wasser
- Sich eine Minute an Ort über Wasser halten
- 50 Meter schwimmen und aussteigen
Schwimmschulen bieten diesen Sicherheitscheck meistens auf Anfrage und Anmeldung an. Weitere Sicherheitshinweise der Beratungsstelle für Unfallverhütung finden Sie unter www.bfu.ch.
Alessio Ricci
Inspiriert von seinen Brüdern und seiner Leidenschaft fürs Unterrichten hat Alessio Ricci zuerst die Ausbildung zum Hilfsleiter und dann zum Hauptleiter absolviert. Heute ist er Schwimmschulleiter der Schwimmschule St. Gallen.