«Rückenschmerzen sind ein weitverbreitetes Problem, das viele Ursachen haben kann», erklärt Dr. Martin N. Stienen, Facharzt für Wirbelsäulenchirurgie. Im Allegra-Podcast spricht er über die verschiedenen Arten von Rückenschmerzen, deren Prävention und die Bedeutung regelmässiger Bewegung. Dr. Stienen betont, dass unspezifische Rückenschmerzen oft auf mechanische Überlastung oder ungesunde Körperhaltungen zurückzuführen sind.
Welche Ursachen haben Rückenschmerzen?
In 85 Prozent der Fälle lassen sich Rückenschmerzen weder durch eine offensichtliche Schädigung der Wirbelsäule noch durch eine Organ- oder Systemerkrankung erklären. Dann sprechen Ärzt*innen von «unspezifischen Rückenschmerzen ohne eindeutige Ursache». Unspezifische Rückenschmerzen lassen sich in drei Gruppen unterteilen: mechanische Schmerzen infolge von Überbelastung oder unphysiologischer Körperhaltung sowie Schmerzen psychischen Ursprungs.
Waren Rückenschmerzen schon immer eine Volkskrankheit?
Eine Studie der New York University hat gezeigt, dass Neandertaler eine weniger verkrümmte Wirbelsäule hatten als wir. Ein Grund dafür ist möglicherweise, dass Neandertaler mehr in der Natur unterwegs waren und nicht ständig vor Bildschirmen sassen. Mangelnde Bewegung und das Sitzen auf zu weichen Polstern lassen unsere Bauch- und Rückenmuskulatur verkümmern, was zu einer erhöhten Belastung und Schädigung von Wirbeln und Bandscheiben führen kann.
Rückenschmerzen und Balance – Wie hängt das zusammen?
Laut einer Studie der Rheumaliga Schweiz leiden 88 Prozent der Bevölkerung regelmässig an Rückenschmerzen oder Verspannungen. Sei es einmal jährlich (12 %), mehrmals im Jahr (26 %), mehrmals im Monat (28 %) oder sogar mehrmals pro Woche (22 %), während nur zwölf Prozent nie Beschwerden haben. Rückenschmerzen schränken die Beweglichkeit stark ein, wirken jedoch als Schutzmechanismus. Solange die Wirbelsäule unverletzt ist, hält sie den Oberkörper durch die Tiefenmuskulatur im Gleichgewicht. Das Rückenmark steuert hierbei intuitiv motorische Bewegungen, die das Gleichgewicht sichern, etwa beim Stolpern.
Wie kann ich Rückenschmerzen vorbeugen?
Generell wird empfohlen, sich pro Woche mindestens 150 Minuten lang so zu bewegen, dass sich der Herzschlag und die Atmung leicht beschleunigen, oder sich 75 Minuten lang intensiv zu bewegen. Rückenschonende Sportarten sind zum Beispiel Nordic Walking, Fahrradfahren, Rücken- und Kraulschwimmen sowie Joggen auf weichem Untergrund. Zudem sollten lange Sitzphasen im Halbstundentakt für ein bis zwei Minuten durch Stehen unterbrochen werden. Diese präventiven Übungen helfen ebenso für einen gesunden Rücken.
Wann brauche ich bei Rückenschmerzen ärztlichen Rat?
Wenn Ihre Rückenschmerzen trotz Bewegung und bewusster Haltung nach vier Wochen nicht abklingen oder sich verschlimmern. Zudem können ausstrahlende Beinschmerzen ein Zeichen dafür sein, dass ein Nerv eingeklemmt ist. Wenn Taubheit oder Lähmungen auftreten, sollten Sie umgehend eine ärztliche Fachperson aufsuchen. Bei leichten Beschwerden helfen Schmerzmedikamente, Physiotherapie oder ein interdisziplinäres Behandlungsprogramm, in hartnäckigen Fällen kann der Besuch eines Wirbelsäulenzentrums sinnvoll sein