Während früher die traditionelle Pflanzenheilkunde für lange Zeit die einzige Therapieform war, haben wir heute die Wahl: Greifen wir bei gesundheitlichen oder seelischen Beschwerden zur Schulmedizin oder wählen wir eine natürliche Alternative? Viele Menschen bevorzugen bei kleineren alltäglichen Beschwerden pflanzliche statt synthetische Medikamente oder ergänzen letztere mit natürlichen Alternativen. Denn heute verbindet die moderne Pflanzenheilkunde jahrhundertealtes und überliefertes Wissen der traditionellen Pflanzenheilkunde mit den neusten Erkenntnissen aus der Wissenschaft. Diese Symbiose erfreut sich einer grossen Beliebtheit.
Rund 28'000 Pflanzenarten mit medizinischem Nutzen
Das renommierte britische Zentrum für botanische Forschung, Kew Gardens, hat in einer Studie rund 28'000 Pflanzenarten einen medizinischen Nutzen zugeteilt. Davon werden zur Herstellung von Arzneimitteln etwa 500 Pflanzen genutzt. Verwendet werden Blüten, Blätter, Früchte, Samen oder auch Wurzeln und Rinden, die zu Tees, Trinkturen, Tropfen, Salben, Badezusätzen oder anderen Arzneimitteln verarbeitet werden. Naturheilpraktikerin Elisabeth Loretz-H. weist aber darauf hin, dass auch pflanzliche Arzneimittel Nebenwirkungen haben können. «Gerade im Zusammenspiel mit anderen Medikamenten können Wechselwirkungen entstehen, die dem Körper nicht guttun», sagt sie. Spricht man sich vor der Einnahme von pflanzlichen Arzneimitteln jedoch mit einer Fachperson ab und dosiert sie richtig, haben sie eine sehr hohe Verträglichkeit.
Behandlung von Ursachen, nicht Symptomen
«Ein*e Phytotherapeut*in schaut sich den Menschen immer als Ganzes an. Es werden nicht nur Symptome behandelt, sondern es wird nach der Ursache gesucht», erklärt Elisabeth Loretz-H. Dafür sei ein Erstgespräch notwendig, um herauszufiltern, woher das Leiden kommt. Erst dann kann beurteilt werden, ob mit Pflanzen gearbeitet werden kann.
Behandlung von Ursachen, nicht Symptomen
«Ein*e Phytotherapeut*in schaut sich den Menschen immer als Ganzes an. Es werden nicht nur Symptome behandelt, sondern es wird nach der Ursache gesucht», erklärt Elisabeth Loretz-H. Dafür sei ein Erstgespräch notwendig, um herauszufiltern, woher das Leiden kommt. Erst dann kann beurteilt werden, ob mit Pflanzen gearbeitet werden kann.
Quote
«Phytotherapie ist sehr individuell. Es gibt kein allgemeingültiges Rezept.»
«Schlafstörungen oder Hautprobleme beispielsweise können bei Menschen unterschiedliche Ursachen haben. Diese gilt es entsprechend herauszufinden und zu behandeln», erklärt die Naturheilpraktikerin. Und dann sei eine richtig dosierte Einnahme wichtig. «Mehr ist nicht immer mehr: Beispielsweise hat die allseits beliebte Trend-Wurzel Kurkuma zwar eine antioxydative und entzündungshemmende Wirkung, zu hoch dosiert kann sie allerdings, wie Muskatnuss oder Zimt, giftig sein».
Für ein starkes Immunsystem
Die Stärke der Phytotherapie liegt bei der Behandlung von funktionellen Beschwerden (wie beispielsweise Schlafstörungen) und chronischen Erkrankungen. Aber auch in der Prävention, indem wir mit pflanzlichen Arzneimitteln unser Immunsystem stärken.
Quote
«Nicht jeder Schnupfen oder jedes Halskratzen erfordert die Einnahme von synthetischen Medikamenten.»
«Indem wir einen Infekt mit natürlichen Heilmitteln bekämpfen, trainieren wir unser Immunsystem in seiner Abwehr», führt Loretz-H. aus. Mittels Holundersaft können wir unserem Körper bei einem Schnupfen beispielsweise mit Vitamin C versorgen und ihn so unterstützen. Oder wir nutzen Omas Hausmittelchen und machen uns bei einem Husten einen Thymian-Wickel (auch bekannt als Thymian-Brustkompresse). Hier ist es nicht nur die heilende Wirkung der Pflanze, sondern auch die Wärme und die Zeit, in der man sich oder seinem Kind etwas Gutes tut.
Wohltuende Wickel
Material: 2 Esslöffel Thymiankraut, ½ Liter kochendes Wasser, Baumwolltuch als Wärmekern, Waschlappen oder kleine Gazewindel, Bettflasche, Becken, Gummihandschuhe, Baumwolltuch zum Auswringen, Abdecktuch zur Wärmehaltung, Fixation für Brustkompresse, neutrales Pflegeöl zur Nachbehandlung.
Durchführung: Kochen Sie etwa ½ Liter Thymiantee. Wärmen Sie die Wickeltücher unbedingt mit einer Bettflasche vor, damit bei der kleinen Kompresse kein Wärmeverlust entsteht. Legen Sie das Baumwolltuch, je nach Grösse eingepackt im Auswringtuch, in das Becken. Giessen Sie das kochende Wasser darüber, das Baumwolltuch sollte gut getränkt sein. Wringen sie anschliessend mit Gummihandschuhen das Tuch sehr gut aus. Ziehen Sie die Gummianschuhe aus, und prüfen Sie die Wärme auf der Innenseite des Unterarms. Wenn die Wärme als angenehm empfunden wird, legen Sie den Wärmekern auf die Brust, decken ihn mit dem Abdecktuch zu und fixieren die Kompresse mit dem entsprechenden Material. Fixationen auf der Brust dürfen nicht einengen. Die Kompresse wird so lange belassen, wie sie als angenehm empfunden wird. Die Kompresse kann einmal am Tag durchgeführt werden und nach Bedarf über mehrere Tage wiederholt werden. Anschliessend sollten sie die Brust mit einem neutralen Öl einreiben, da dieses die Wärme unterstützt, und die Brust mit einem Rohwollkissen abdecken. Planen Sie Zeit zum Nachruhen ein. – Die Thymiankompresse ist schnell zubereitet.
Wadenwickel werden bei fieberhaften Zuständen mit über 39 Grad Celsius Körpertemperatur und einer starken Beeinträchtigung des Allgemeinzustands angewendet. Damit die Wadenwickel ihre Wirkung voll entfalten können, dürfen sie nur auf warmer Haut und in mässiger Temperatur (etwa eins bis fünf Grad Celsius unter der Fiebertemperatur) angewendet werden. Bitte beachten Sie, dass Fieber grundsätzlich eine wichtige Abwehrreaktion des Körpers ist.
Material: Fieberthermometer, Bettflasche oder Socken zum Wärmen der kalten Füsse, falls nötig. Schüssel, Wasser (eins bis fünf Grad Celsius unter der erhöhten Körpertemperatur), zwei Leinen- oder zwei Geschirrtücher, zwei Frotteetücher, Badetuch als Bettschutz, eventuell Zitrone für einen angenehmen Duft.
Durchführung: Messen Sie zuerst das Fieber und prüfen Sie, ob die Füsse warm sind. Ansonsten mittels Bettflasche oder mit warmen Socken wärmen. Dann füllen Sie in eine Schüssel Wasser (Temperatur wie erwähnt). Tauchen Sie die Leinentücher oder Geschirrtücher darin und wringen diese gut aus. Die Beine sind warm und mit einem Badetuch unterlegt. Wickeln Sie nun die Tücher um die Unterschenkel. Darüber wickeln Sie die Frotteetücher. Decken Sie den Oberkörper bis zu den Knien gut zu. Sobald die Tücher warm werden, abnehmen, unter dem Wasserhahn ausspülen und erneut in das um ein paar Grad kältere Wasser tauchen, auswringen und auflegen. Nach drei- bis vier Wechsel (ca. 20-40 Minuten) messen Sie wieder das Fieber. Es sollte dann nicht mehr als um 1 Grad Celsius pro Anwendung gesenkt werden. In der Regel genügt eine Abfolge, um eine positive Wirkung zu erzielen.
Nachbehandlung: Nach Abschluss der Anwendung halten Sie den Körper zugedeckt warm. Achten Sie darauf, dass die kranke Person immer genügend Flüssigkeit in Form von Kräutertees oder Wasser zu sich nimmt. Bei Fieber empfiehlt es sich, Bettruhe zu wahren.
Welche Pflanze hilft bei…
Ingwertee, Kamillentee und Holunderbeerensaft helfen beim Bekämpfen einer Erkältung. Salbeitee hilft vor allem bei Entzündungen im Mund- und Rachenbereich. Lindenblütentee hilft beim «Rausschwitzen» der Viren und Bakterien.
Die Echinacea-Pflanze, bekannt als Sonnenhut, hilft bei der Vorbeugung und Behandlung von Erkältungen. Sie stärkt unser Immunsystem und kann als Tee oder in Form von Tabletten oder Tropfen eingenommen werden.
Die Pfefferminze kann als ätherisches Öl bei Unwohlsein appetitanregend wirken. Die Extrakte der Pflanze, die in Form von Tees, Kapseln oder Tropfen eingenommen werden können, wirken ausserdem blähungswidrig und verdauungsfördernd.
Kümmel, Fenchel, Anis wirken antibakteriell und entkrampfend auf den Magen-Darm-Trakt. Fenchel kann bereits ab dem 1. Lebenstag verabreicht werden. Übelkeit kann besonders durch Ingwer gelindert werden oder bei Schwangerschaftsübelkeit in Form von Brombeer-Eiswürfeln.
Entspannend, krampflösend und verdauungsregulierend wirken die Pflanzen Melisse und Kamille. Verdauungsfördernd wirkt das Wermutkraut.
Ein guter Schlaf ist wichtig, um den Tag mit Energie und Elan zu meistern. Pflanzliche Arzneimittel können unterstützen, wenn es mit dem Ein- oder Durchschlafen nicht klappt und die Leistungsfähigkeit aufgrund von Schlafmangel leidet. Lavendel, Baldrian, Hopfen, Johanniskraut, Kamille, Melisse, und die Passionsblume zählen zu den bekanntesten natürlichen Schlafhelfern.
Der Lavendel sieht nicht nur schön aus, sondern versprüht einen beruhigenden Duft. Das Öl des Lavendels hilft bei Unruhe, Schlafproblemen und Magen-/Darmbeschwerden. Geben Sie ein paar Tropfen Lavendelöl auf ein Taschentuch und legen Sie es neben Ihr Bett, um zu entspannen.
Die Melisse wird bereits seit Jahrtausenden eingesetzt und hilft bei Schlafstörungen. Um entspannt ins Bett zu liegen, hilft ein Bad mit einigen Tropfen Melissenöl und entspannender Musik.
Auch pflanzliche Arzneimittel sollten nur in Absprache mit einer Fachperson eingenommen werden. Elisabeth Loretz-H. empfiehlt daher, zusammen mit einer Fachperson einen Behandlungspfad zu definieren, der Ihren individuellen Bedürfnissen entspricht.
Elisabeth Loretz-H.
Elisabeth Loretz-H. ist kantonal anerkannte Naturheilpraktikerin mit eigener Praxis in Chur (GR). Die Natur hat Elisabeth Loretz-H. schon als Kind fasziniert. Als Mutter von eineiigen Drillingsmädchen und einer älteren Tochter zählte sie schon früh auf die Heilkraft der Natur. Wenn ihre Kinder krank waren, wendete sie beispielsweise Halswickel oder Wadenwickel an, um das körpereigene Immunsystem zu unterstützen.