Susanne Lippert-Lehle, wie gesund ist Musik?
Musik kann Heilung unterstützen und zum Beispiel Schmerzen oder Ängste lindern. Sie kann glücklich machen und beflügeln, entspannen, trösten und die Gemeinschaft stärken. Sie wirkt gleichermassen auf Seele, Geist und Körper. Beim spielerisch-experimentellen Musizieren regt sie darüber hinaus die sogenannte Neuroplastizität an, die Fähigkeit des Gehirns, ein Leben lang seine Strukturen ändern zu können.
Lässt sich die Wirksamkeit von Musiktherapien belegen?
Die medizinische Forschung findet immer mehr Hinweise darauf, dass Musik heilsam wirken kann. Im Bereich der Neurowissenschaften gibt es beispielsweise Erkenntnisse über den positiven Einfluss von Musik und Rhythmik bei Parkinson-Patient*innen mit Bewegungsstörungen.
Wie setzen Sie Musik therapeutisch ein?
Wir bieten zwei verschiedene musiktherapeutische Gruppensettings an: zum einen eine rezeptive Form, also das Musikhören zur Entspannung, zum anderen Rhythmik und Tanz als aktivierendes Angebot.
Wie entspannt Musik?
Beim achtsamen Musikhören geht es darum, zur Ruhe zu kommen und sich Zeit für sich selbst zu nehmen sowie Gefühlen, Körperempfindungen, Gedanken oder inneren Bildern Raum zu geben. Oder den Wahrnehmungsfokus bewusst auf etwas Wohltuendes zu richten. Dabei geschieht oft Erstaunliches: Schmerzen treten in den Hintergrund, Tränen dürfen fliessen, Trost findet statt und Gemeinschaft wird erlebbar.
Und wie aktiviert Musik?
In der Gruppe Rhythmik und Tanz tanzen oder musizieren wir gemeinsam. Auch da geht es um achtsame Selbstwahrnehmung. So fühlen sich Patient*innen, die sich beispielsweise nach einem Hirnschlag sprachlich nicht mehr artikulieren können, durch das gemeinsame Musizieren ausdrucksvoll, gehört und verstanden. Beim Tanzen erleben Menschen mit Parkinson plötzlich, wie Bewegungen gelingen, die sonst nicht mehr möglich sind. Sie gewinnen Sicherheit und Vertrauen ins eigene Tun, erleben Freude und mehr Lebensqualität.