«Eine gute Atmosphäre und eine liebevolle Begleitung sind wichtig, damit das Kind motiviert bleibt und das Lernen nicht zu einer unangenehmen Erfahrung wird», weiss Fabian Grolimund, Psychologe und Lerncoach. Unterstützen Sie Ihr Kind bei den Hausaufgaben oder der Prüfungsvorbereitung, sollten Sie folgende Tipps von Fabian Grolimund beachten.
Jedes Mal, wenn Sie Ihrem Kind in einer guten und konfliktfreien Atmosphäre bei den Hausaufgaben helfen können, merkt sich das Kind diese positive Erfahrung. Entsprechend lässt es sich beim nächsten Mal auch lieber wieder aufs Lernen ein. Endet das gemeinsame Lernen immer im Streit, verbindet das Kind Lernen mit etwas Unangenehmem, das der Beziehung zu seiner Bezugsperson schadet und dem es aus dem Weg gehen will. Befolgen Sie also den Grundsatz: Wir lernen in guter Stimmung oder gar nicht. Wenn die Stimmung kippt, lieber eine kurze Pause machen oder das Kind zur Not auch mal ohne Hausaufgaben zur Schule schicken.
Die Schule darf nicht das ganze Leben dominieren. Die Lernzeit sollte daher auf eine bestimmte Zeitspanne beschränkt und klar von der Freizeit und Erholungszeit abgegrenzt werden. Stundenlanges Lernen führt nur dazu, dass das Kind irgendwann anfängt, gleich zu Beginn der Lernphase Kräfte zu sparen. Es arbeitet entsprechend langsamer und ist einfacher abzulenken.
Versteht ein Kind einen Text nicht, sollten Sie ihm den Inhalt nicht einfach erklären. Geben Sie ihm vielmehr Strategien mit, wie es sich selbst besser helfen kann. Bei einem anspruchsvollen Text wären das zum Beispiel: Sich nach jedem Abschnitt fragen, was man gelesen hat und es in eigenen Worten wiedergeben, einzelne Wörter nachschlagen, Grafiken oder Bilder im Text zum Verständnis beiziehen.
Unter welchen Bedingungen ein Kind am besten lernt, kann sehr variieren. Gewisse Kinder profitieren davon, wenn im Hintergrund Musik läuft, während andere Stille brauchen. Für einige ist es am einfachsten, die Hausaufgaben direkt nach der Schule zu erledigen, andere brauchen zuerst eine Pause. «Die idealen äusseren Umstände fürs Lernen sind sehr individuell – die Lernstrategien jedoch weniger. Grundsätzlich sollten für effektives Lernen immer gewisse Prinzipien beachtet werden», fasst der Lerncoach zusammen. Die wichtigste Regel: Vertiefend und aktiv lernen – statt passiv. «Je mehr ich beim Lernen nachdenke, desto eher kann ich es mir merken.» Dies gibt Grolimund allen Schülerinnen und Schülern in jedem Alter mit auf den Weg. Anstatt einen Text einfach mehrmals zu lesen, kann man beispielsweise sich selbst oder den Geschwistern vom gelernten Inhalt erzählen. Auch Beispiele zu gelesenen Theorien helfen, sich aktiv und vertiefend mit der Materie auseinanderzusetzen.
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«Jede gute Lernstrategie kann man ein Leben lang anwenden – sie sind universell wirksam.»
Damit das vertieft und aktiv angeeignete Wissen noch besser und langfristiger bleibt, ist es wichtig, den Inhalt zu wiederholen. Eignet man sich das Wissen ausserdem über verschiedene Kanäle an, kann man es sich besser merken. Man kann einen Text im Geschichtsbuch lesen, sich jedoch auch noch einen Podcast dazu anhören, sich den Inhalt in Form von inneren Bildern vorstellen und mit Freundinnen und Freunden über die historischen Ereignisse sprechen. Die verschiedenen Lernkanäle kennen viele vom Ansatz, dass jede und jeder ein bestimmter Lerntyp sei (auditiver, visueller, motorischer oder kommunikativer Typ). Fabian Grolimund bemerkt dazu: «In der Forschung konnte der Lerntypenansatz nie als wirksam erwiesen werden. Vielmehr geht man davon aus, dass die Aktivierung verschiedener Sinnesmodalitäten und deren Kombination zu Lernerfolgen führt.»
Es lohnt sich, sich früh gute Lernstrategien anzueignen. Denn der Experte hält fest: «Jede gute Lernstrategie kann man ein Leben lang anwenden – sie sind universell wirksam.» Und je einfacher Ihrem Kind das Lernen fällt, desto geringer ist der Lernstress und die Belastung für Sie und Ihr Kind.
Fabian Grolimund
Fabian Grolimund ist Psychologe, Lerncoach und Autor (z. B. «Clever lernen», «Erfolgreich lernen mit ADHS», «Lotte, träumst du schon wieder?»). Zusammen mit Stefanie Rietzler leitet er die Akademie für Lerncoaching. Kindern und Jugendlichen will er mit seiner Arbeit vermitteln, wie sie sich Inhalte effektiv und selbstständig erarbeiten können und so gerne lernen.