Es ist sechs Uhr in der Früh, der Wecker verscheucht die süssen Träume, draussen ist es finster. Am Vorabend hat man sich entschlossen, vor der Arbeit eine Runde zu joggen. «Danach bist du den ganzen Tag frisch und munter», sagen die sportlichen Kollegen im Büro. Doch jetzt ist der Enthusiasmus verflogen. Die Decke zurückschlagen und raus in die Kälte? Oder doch lieber den Wecker ausschalten und wohlig weiterschlummern?
Der innere Schweinehund ist in solchen Momenten besonders mächtig. Er hält uns von dem fern, was zwar anstrengend, aber gut für uns ist: Sport. Eine trainierte Muskulatur sorgt für eine aufrechte Haltung und beugt Rückenschmerzen vor – gerade in Bürojobs wichtig. Wer sportlich aktiv ist, verringert zudem das Risiko, frühzeitig an einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall zu sterben. Das sind alles keine Neuigkeiten. Trotzdem sind diese Erkenntnisse dann, wenn es darauf ankommt, ganz weit weg.
Tausende Stufen bergauf
Dass es so etwas wie einen inneren Schweinhund überhaupt gibt, hat aber seine Berechtigung. Er kann nämlich ein Schutzmechanismus sein, sagt einer, der es wissen muss. Steven Lingenhag ist Athletic Coach des HC Davos. «Wenn man keine Lust auf Sport hat, weil der Körper schmerzt, dann sind diese Zeichen ernst zu nehmen», sagt er. Erholung sei in diesem Fall wichtiger als hartes Training. «Wenn es sich aber nur um mentale Barrieren handelt, dann gilt es, diese zu überwinden.»
Das ist auch für Profisportler nicht ohne. Beim HCD stossen die Spieler im Sommertraining an ihre Grenzen. Dafür sorgt Lingenhag, indem er sich nebst dem normalen Training einmal wöchentlich eine Challenge für seine Jungs ausdenkt. Im letzten Sommer sah diese einmal so aus: Die Spieler hatten im Laufschritt die Abertausenden Treppenstufen entlang der Geleise der Davoser Parsennbahn zu erklimmen. «Das ist eine Belastung, die sich Eishockeyspieler nicht gewohnt sind», sagt Lingenhag.
Das «Wozu» kennen
Und dann überrascht der Athletic Coach: «Bei den Challenges geht es nicht primär um Fitness.» Viel wichtiger sei es, dass die Spieler ein konkretes Ziel vor Augen hätten – hier wortwörtlich zu verstehen, nämlich die letzte Treppenstufe. «Sie müssen mental bereit sein, ihre Komfortzone zu verlassen.»
Was können sich Normalsterbliche von den Profis abschauen? Sie müssen genau wissen, wozu sie den inneren Schweinehund überwinden wollen, quasi persönliche Saisonziele definieren. «Einfach fitter zu sein» ist als Ziel zu unspezifisch, als dass es einen um sechs Uhr morgens aus dem Bett holen würde. Sich im kommenden Jahr für einen Halbmarathon anzumelden, ist da schon effizienter. Und den Kollegen im Büro erzählen zu können, dass man sich nach der morgendlichen Joggingrunde den ganzen Tag frisch und munter fühle, hat auch seinen Reiz.
Lingenhags Tipps und leichte Sportübungen, um den inneren Schweinehund zu überwinden
- Es muss nicht das Fitnessstudio sein. Wählen Sie einen Sport, der Ihnen Spass macht. Und dann heisst es: dranbleiben.
- Suchen Sie sich eine Trainingspartnerin oder einen Trainingspartner, um sich gegenseitig zu motivieren.
- Gehen Sie es langsam an. Wenn Sie laufen: Abwechselnd 500 Meter joggen und 500 Meter spazieren tut es für den Anfang.
- Das Training kann auch in den eigenen vier Wänden stattfinden. Einfache Sportübungen für zuhause sind Rumpf- und Kniebeugen oder Liegestützen. Training mit dem eigenen Körpergewicht ist effizient.
- Planen Sie den Sport fix in Ihren Alltag ein und machen Sie ihn sich zur Gewohnheit.
- Stecken Sie sich realistische Zwischenziele, die Sie im Training erreichen wollen. Fitnesstracker können beim Messen des Fortschritts helfen.
- Belohnen Sie sich, wenn Sie ein Ziel erreicht haben. Das kann mit einem Schluck Wasser sein. Oder mit einem feinen Essen, wenn Sie eine Woche lang alles gegeben haben.