Ich war schon zweimal weg. Weg aus dem Leben. Aber ich lebe, und dafür bin ich unendlich dankbar. Es war Montag, der 24. April 2006. Ich hatte frei und ging schwimmen. Plötzlich spürte ich einen Druck in der Brust. Ich konnte kaum noch atmen, so weh tat es. Zudem hatte ich ein komisches Brennen in den Armen. Ich stieg aus dem Becken und legte mich auf eine Bank. Nach einer halben Stunde ging es mir besser. Ich ging zu meinem Hausarzt und dieser machte ein Elektrokardiogramm (EKG), um meine Herzströme zu kontrollieren. Der Befund war unauffällig, daher vermutete er ein Bronchialasthma als Ursache meiner Beschwerden. Am nächsten Tag ging ich wieder zur Arbeit.
Schmerzvolle Symptome
Schon als Kind war ich ein Energiebündel. Jetzt war ich 26 Jahre alt, arbeitete als Detailhandelskauffrau bei Menzli Sport, hatte mich in Zürich zur Detailhandelsspezialistin weitergebildet und erwog einen Abschluss zur Ökonomin. Ich hatte viel vor mit meinem Leben. Doch nach dem ersten Besuch beim Hausarzt und zwei beschwerdefreien Tagen waren die Schmerzen plötzlich zurück – stärker als je zuvor. Als stünde ein Elefant auf meiner Brust. Und als würde jemand meine Arme mit Rasierklingen aufritzen. Das Tückische aber war: Es waren immer nur kurze Schmerzepisoden.
Die niederschmetternde Diagnose
Nach ein paar Tagen überwies mich mein Hausarzt ins Kantonsspital Chur. Dort schlug mir der Kardiologe vor, mein Herz zu röntgen, und setzte mir einen Herzkatheter, um Kontrastmittel zu injizieren. Dann betrachtete er die Röntgenbilder auf dem Monitor, und ich werde nie vergessen, wie sich plötzlich sein Blick verdüsterte und die Stimmung kippte. Der Kardiologe erläuterte mir, was er sah: Ich hatte einen akuten Herzinfarkt, Teile meines Herzens waren bereits abgestorben. 110 Schläge pro Minute Puls – was von meinem Herzen noch übrig war, gab Vollgas. Ich musste sofort nach Zürich ins Universitätsspital.
Operation am Herzen
Jetzt musste es schnell gehen. Um meine Herzgefässe wieder mit Blut zu versorgen, mussten zwei Bypässe – also Umgehungen – implantiert werden. Nach acht Stunden war die Operation vorbei. Zweimal hörte mein Herz auf zu schlagen, zweimal holten sie mich zurück ins Leben. Deshalb wurde ich auch noch an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Ich war dem Tod gerade noch so entkommen. Eine Woche später konnte ich von der Intensivstation auf die Bettenstation verlegt werden. Es folgte eine einmonatige Rehabilitation in Seewis. Erst dort begann ich langsam zu begreifen, welche Folgen das alles für mein Leben haben würde.
Notfall Herzinfarkt – was tun?
- Alarmieren Sie den Notruf 144 (im Ausland 112)
- Legen Sie die betroffene Herzinfarktperson mit leicht angehobenem Oberkörper auf eine harte Unterlage oder den Boden.
- Öffnen Sie enge Kleidung am Oberkörper, Krawatte oder Büstenhalter
- Verlangen Sie nach einem Defibrillator – beginnen Sie mit der Herzmassage
Mehr Details erfahren Sie hier: Merkblatt der Schweizerischen Herzstiftung
Defibrillator als Lebensretter
Ich habe nur noch halb so viel Puste wie gesunde Menschen. Zudem habe ich ein erhöhtes Risiko für Kammerflimmern, das unbehandelt schnell zum Herztod führt. 2008 wurde ein Defibrillator unter den linken Brustmuskel implantiert. Das Gerät reagiert bei einem Kammerflimmern mit Stromstössen, die das Herz wieder in seinen normalen Rhythmus bringen. Bis heute habe ich ihn zum Glück noch nie gebraucht.
Kürzer treten und das Leben geniessen
Es sind nicht nur ein paar Narben, die mir von den Herzinfarkten geblieben sind. Ich stosse körperlich schnell an meine Grenzen, schlucke täglich neun verschiedene Tabletten, und ich weiss heute schon, dass ich in sechs Jahren wieder unters Messer muss, weil dann die Lebensdauer meines Defibrillators zu Ende sein wird. Ich arbeite wieder Teilzeit, aber das Schwierigste war: Ich musste mich von meinen Lebenszielen verabschieden. Ich hatte immer Vollgas gegeben, jetzt musste ich lernen, dass auch gemütlich schön sein kann. Ich bin ein positiver Mensch geblieben. Wenn ich zum Beispiel mit meinem Freund in Schneeschuhen aufs Maiensäss gehe, dann brauche ich etwas länger. Dafür ist das Fondue schon fertig, wenn ich oben ankomme. Es hat eben auch Vorteile, nicht immer die Schnellste zu sein.
Kundenmagazin Clever 1/2023
Dieser Beitrag erschien im Kundenmagazin Clever. Entdecken Sie noch weitere Beiträge zum Thema Herz. Zum Beispiel, warum das Herz der spannendste Muskel unseres Körpers ist.