«Es gibt nicht viele Familienunternehmen mit einer solch langen Geschichte» sagt Hans-Martin Heierling, der Inhaber der Firma Heierling in Davos. Er blickt dabei nach oben, auf ein Original des weltweit ersten Skischuhs, der an der Wand in den Firmenräumlichkeiten ausgestellt ist. Sein Urgrossvater produzierte dieses Modell 1885, nur zwei Jahre nach der Firmengründung. Das Hauptgeschäft blieb aber vorerst die Reparatur und Massanfertigung von Schuhen aller Art.
Quelle: Heierling
Meilensteine um Meilensteine
Gut 45 Jahre später, als in der Schweiz Bergbahnen gebaut wurden, spezialisierte sich die Firma Heierling schliesslich auf die Herstellung von Skischuhen. Die Erfolgsgeschichte nahm ihren Lauf: 1948 fuhren bereits zahlreiche Skirennfahrer an den Olympischen Spielen in St. Moritz mit Heierling-Schuhen an den Füssen. 1953 entwickelte der Sohn, Hans Heierling, erste Skischuhe mit Schnallen, welche zum Grosserfolg wurden. An den Olympischen Spielen in Innsbruck 1964 trugen 95 Prozent aller am Start stehenden Rennfahrer Skischuhe von Heierling. Die Firma exportierte ihre Skischuhe in die USA, nach Kanada, Japan und England. Hergestellt wurden sie in den Räumlichkeiten, in denen die Firma Heierling heute noch zu Hause ist. Hans-Martin Heierling sagt stolz: «Hier waren einmal 20 Schuhmacher beschäftigt, die noch von Hand genäht haben. In diesen Räumen steckt viel Herzblut.»
Quelle: Heierling
In den 70er-Jahren folgte eine weitere Innovation aus dem Hause Heierling: Der erste Kunststoff-Skischuh mit geschäumtem Innenschuh – im Grundsatz so, wie wir ihn heute kennen. Den Höhepunkt erreichte die Davoser Firma in den 80er- und 90er-Jahren. «In dieser Zeit produzierte Heierling in verschiedenen Werken in Europa jährlich rund 260'000 Paar Sportschuhe, davon 90'000 Paar Skischuhe.» Das rief grosse Firmen auf den Plan. Die Heierling AG wurde von Salomon aufgekauft und 1997 wurde der vorerst letzte Schuh unter dem Markennamen Heierling hergestellt.
Neue Ära unter neuer Generation
Heute gilt die Firma Heierling als Spezialistin für Anpassungen von Sportschuhen, nicht nur in der Schweiz oder Europa, sondern weltweit. Und nicht nur in den eigenen Firmenräumlichkeiten. Heierling ist Teil der Entwicklungsabteilung von Salomon International. «Das ist, als ob ich eine Autogarage führe und an den neuesten Entwicklungen von BMW oder Mercedes mitwirke», sagt Hans-Martin Heierling.
Den Grundstein legten sein Bruder Thomas und er in den 80er-Jahren. «Wir wollten an alte Traditionen und an die Innovationskraft unserer Vorfahren anknüpfen». Sie spezialisierten sich auf orthopädische Anpassungen, entwickelten Einlagen und Innenschuhe. Es sind Komponenten, die man im Sportfachhandel nicht erhält. Dieses Know-how sprach sich schnell rum. Zahlreiche ehemalige und aktive Athlet*innen vertrauen auf die Experten aus dem Landwassertal. Darunter sind grosse Namen mit grossen Titelgewinnen, etwa Michael von Grüningen, Didier Cuche, Dario Cologna, Lindsey Vonn, Bode Miller und zahlreiche weitere Athlet*innen aus diversen Sportarten.
Quelle: Heierling
Sie alle seien nach Davos gekommen, um ihre Sportschuhe anpassen zu lassen. «Mit modernsten Geräten vermessen wir die Athlet*innen und analysieren genau, wo der Körperschwerpunkt liegt und welche Kräfte auf unterschiedliche Punkte des Fusses wirken.» Zum Einsatz kommen dabei ein Gravitationslaser, Messsohlen oder Beschleunigungssensoren. Jeder Schuh wird individuell angepasst, von der Einlagesohle, über den Innenschuh bis hin zur Schale. «Auf diesem hohen Niveau ist der Schuh entscheidend. Er ist das wichtigste Bindeglied zwischen Körper- und Gerätefunktion.»
Eine Skischuhanpassung lohne sich aber auch für Sportler*innen, die keinen Weltmeister- oder Olympiatitel tragen. Hobbysportler*innen hätten mehr Freude auf der Piste, wenn der Schuh richtig sitzt. «Durch die Optimierung hat man eine präzisere Skiführung. Man wird weniger schnell müde, bekommt keine Krämpfe oder Brennen an den Fusssohlen. Das mindert auch das Risiko von Unfällen.»
Innovation durch Nachhaltigkeit
Sich auf den Lorbeeren auszuruhen, ist aber nichts für die Gebrüder Heierling. In den letzten Jahren konnten sie einige Innovationen auf den Markt bringen, etwa die so genannte I-Flex Technologie. Diese ist unter anderem Teil eines Skischuhs von Atomic, welcher ein weltweiter Bestseller wurde.
Dem Firmeninhaber war es aber auch ein Anliegen, wieder einen eigenen Skischuh auf den Markt zu bringen. Dieser sollte aber nicht nur den Namen Heierling tragen, sondern vor allem kreislauffähig sein. Das heisst, Materialien und Produkte werden so lange wie möglich im Markt gehalten und Abfälle auf ein Minimum reduziert – Neuland in der Skischuhproduktion. «Unser Skischuh H1 ist modular aufgebaut. Jedes Einzelteil ist reparierbar, auswechselbar und wiederverwertbar», erklärt Hans-Martin Heierling. Die Entwicklung sei aber noch nicht am Ende. «Wir arbeiten mit verschiedenen Firmen an neuen Materialien, welche besonders umweltschonend sind und bis zu zehn Mal wiederverwertet werden können.» Dieses Konzept eines kreislauffähigen Skischuhs soll nun in der Industrie Einzug halten. Entsprechende Gespräche mit grossen Herstellern seien im Gang.
Die 140-jährige Firmengeschichte voller Tradition, Innovation und Zukunftsvision geht also weiter. «Das ist dieser Pioniergeist, der in unserer Familie einfach drin ist.»
Die Heierling AG vertraut auf ÖKK, wenn es um die Sicherung des Lohnes bei Ausfällen von Mitarbeitenden geht. Im jährlichen Vergleich des VZ VermögensZentrum schneidet ÖKK unter allen untersuchten Unfall- und Krankentaggeldversicherern erneut am besten ab.