Herr Vonzun, beim Thema gesunde Ernährung fällt schnell das Wort «ausgewogen». Was ist damit gemeint?
Passender wäre «abwechslungsreich»: Nehmen Sie eine breite Palette an unverarbeiteten Primärprodukten wie Fleisch, Fisch, Gemüse, Früchte, Öle, Nüsse etc. zu sich, und achten Sie darauf, auch innerhalb einer Lebensmittelgruppe abzuwechseln; als Gemüse etwa nicht ausschliesslich Brokkoli zu essen. Stark verarbeitete Lebensmittel – wie Süssigkeiten oder Tiefkühlpizza – sollten Sie nur in kleinen Mengen essen, weil sie kaum wertvolle Nährstoffe enthalten.
Es gibt unzählige Ernährungsratgeber – welche Ernährung passt zu mir?
Die Frage ist: Was wollen Sie mit Ihrer Ernährung erreichen? Morgen einen Marathon laufen? In einem Monat zwei Kilo abnehmen? Ihre Konzentrationsfähigkeit steigern? Ernährung kann vieles – im Guten wie im Schlechten. Was ich bedenklich finde: Wenn das Essverhalten – freiwillig und nicht krankheitsbedingt – so radikal wird, dass es sozial einschränkt.
Worauf müssen Vegetarier*innen und Veganer*innen achten, um sich ausgewogen zu ernähren?
Vegetarier*innen haben es leicht: Was Ihnen an Nährstoffen aus Fleisch und Fisch fehlt, kompensieren sie in der Regel mit anderen tierischen Produkten wie Milch oder Eiern. Veganer*innen müssen sich stärker mit ihrer Ernährung befassen, um beispielsweise mithilfe von Nahrungsergänzungsmitteln fehlende Eiweisse, Vitamine und Mineralstoffe auszugleichen. Regelmässige Blutanalysen können dabei helfen.
Kundenmagazin Clever 2/2024
Dieser Beitrag erschien im Kundenmagazin Clever. Entdecken Sie noch weitere Beiträge zum Thema Gleichgewicht. Zum Beispiel die Infografik, die zeigt, wie unser Gleichgewichtssinn funktioniert.
Wie hält sich das Sprichwort «Iss morgens wie ein Kaiser und abends wie ein Bettler»?
Früher war diese Ernährungsweise verbreitet: morgens Energie tanken für die körperliche Arbeit und abends wenig essen und früh schlafen gehen. Heute gestalten sich unsere Tage meist anders, und somit sind auch unsere Ernährungsbedürfnisse nicht mehr die gleichen. Lassen Sie gesunden Menschenverstand walten: Es spricht nichts gegen ein ausgiebiges Abendessen, doch wenn Sie sehr spät essen, fällt Ihnen das Einschlafen womöglich schwer.
Welche Essgewohnheiten sollten wir uns dringend abgewöhnen?
- Seien Sie zurückhaltend mit Nahrungsmitteln aus der Werbung, denn meist handelt es sich dabei um stark verarbeitete Lebensmittel. Werbung für einen gesunden Apfel oder ein Ei ist hingegen selten.
- Essen Sie nicht direkt aus der Packung, sondern portionieren Sie.
- Setzen Sie sich hin und geniessen Sie bewusst, statt unterwegs oder vor dem Fernseher zu essen.
Nick Vonzun
«Ernährung kann vieles – im Guten wie im Schlechten», Nick Vonzun, Ernährungsberater im Kantonsspital Graubünden