In der Pubertät entwickelt sich ein Mädchen zur geschlechtsreifen Frau. Die körperlichen Veränderungen können beim Mädchen und den Eltern zu Unsicherheiten führen. Dr. med. Bettina von Seefried, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, erklärt, was in dieser Phase wichtig ist und beantwortet die Fragen rund um die erste gynäkologische Untersuchung.
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«Mädchen beginnen sich in der Pubertät seelisch und äusserlich zu finden.»
Dr. med. Bettina von Seefried weiss aus ihrer langjährigen Erfahrung als Gynäkologin und als Mutter von drei Töchtern, dass dieser Findungs- und Abnabelungsprozess bei Mädchen ganz unterschiedlich ausfallen kann. Setzt er ein, verändert sich meist gleichzeitig auch der weibliche Körper sichtbar und betreibt Höchstleistungen. In dieser Zeit ist von den Eltern Geduld und vor allem Offenheit gefragt.
Die körperlichen Veränderungen
In der Pubertät entwickelt sich das Mädchen zur geschlechtsreifen Frau. Die wohl offensichtlichsten körperlichen Veränderungen sind das Wachsen der Brüste und Schamhaare sowie das Einsetzen der Menstruation. Die Menstruation setzt bei den meisten Mädchen zwischen dem 11. und 12. Lebensjahr ein. «Mädchen, bei denen die Mens später einsetzt, bleiben auch länger Kind. Die körperliche und seelische Entwicklung bilden hier ein wahres Zusammenspiel», sagt Dr. med. Bettina von Seefried. Heute sind die Mädchen über Social Media aufgeklärter als früher, was die Menstruation betrifft. Dennoch ist es ein Moment, der mit einer Bezugsperson offen besprochen werden sollte.
Wann zur Frauenärztin oder zum Frauenarzt?
Dr. med. Bettina von Seefried wird häufig mit der Frage konfrontiert, wann ein Mädchen das erste Mal zur Frauenärztin sollte. Das Einsetzen der Menstruation verlangt gemäss Dr. med. von Seefried keinen Besuch bei der Frauenärztin. Ausser die Menstruation sei mit starken Beschwerden verbunden oder die Verhütung werde zum Thema. «Aus Sicht der Vorsorge betrachtet, sollte die erste Untersuchung mit Abstrich um das 20. Lebensjahr erfolgen.» Ein früherer Besuch bei der gynäkologischen Fachperson ist selbstverständlich möglich. «Dann geht es um ein erstes Kennenlernen und darum, Fragen zu klären. Ein solches Gespräch kann auch Eltern den Druck nehmen, auf alle Fragen die richtigen Antworten wissen zu müssen.» Zum Beispiel darauf, ob man schon von Anfang an einen Tampon verwenden kann. «Viele Mütter halten ihre Töchter beim Verwenden von Tampons zurück. Aus medizinischer Sicht gibt es dafür aber keinen Grund. Ein Tampon kann unbedenklich verwendet werden und ist für viele junge Frauen gerade beim Sport oder beim Baden eine grosse Erleichterung.»
Sicherheit geben und Selbstständigkeit fördern
Die junge Frau darf einen Elternteil mit zur Frauenärztin oder zum Frauenarzt nehmen, muss aber nicht. Frau Dr. med von Seefried appelliert an die Eltern, die Selbstständigkeit der Tochter zu fördern und ihr zuzutrauen, dass sie diesen Schritt alleine machen kann. Eltern können ihre Tochter auf den Termin vorbereiten, indem sie ihr die Angst davor nehmen und erklären, dass es nur um ein Gespräch geht, das vergleichbar ist mit einem Gespräch mit der Hausärztin oder dem Hausarzt. Begleitet ein Elternteil die Tochter dennoch, ist dieser natürlich willkommen und kann zu Beginn des Gesprächs dabei sein. «Ich handhabe es dann jeweils so, dass ich die Mutter oder den Vater für den zweiten Teil des Gespräches raus bitte, um noch allein mit der jungen Frau zu sprechen. Denn für mich gilt: Die junge Frau ist die Patientin, nicht die Mutter», hält Dr. med. Bettina von Seefried fest. Auch als Eltern müsse man in dieser Phase lernen, darauf zu vertrauen, dass die Tochter von sich aus erzählt, was sie erlebt und besprochen hat. «Eine offene Kommunikation zu Hause zu pflegen ist wichtiger, als die Tochter zur Untersuchung zu begleiten.»
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«Eine offene Kommunikation zu Hause zu pflegen ist wichtiger, als die Tochter zur Untersuchung zu begleiten.»
Die erste vorsorgliche Untersuchung
Wenn es soweit ist und die junge Frau mit rund 20 Jahren zur ersten Vorsorgeuntersuchung geht, wird der erste Abstrich gemacht. Dafür führt die Fachperson ein sogenanntes Spekulum ein. Mit einem kleinen Bürstchen wird am Ende der Scheide, am Gebärmutterhals, etwas Schleim entnommen. Die entnommenen Zellen werden auf ihre Gesundheit untersucht. «Natürlich ist dieser Vorgang etwas unangenehm. Schmerzhaft ist er aber nicht», versichert Frau Dr. med. von Seefried. Weiter werden der Unterleib sowie die Brüste abgetastet. Dieser Prozess wiederholt sich bei jedem Vorsorgeuntersuch einer Frau. Vorbereiten muss man sich auf die Untersuchung nicht. Frauenärztinnen und -ärzte haben einen rein professionellen Blick und achten nicht auf das Aussehen beziehungsweise auf Äusserlichkeiten.
Verhütung: Offenheit ist gefragt
Viele junge Frauen suchen die Frauenärztin oder den Frauenarzt bereits vor der ersten Vorsorgeuntersuchung auf. Häufig, weil sie über die Verhütung sprechen und sich ein entsprechendes Verhütungsmittel verschreiben lassen möchten. «Für viele Eltern ist es meistens zu früh, wenn die Tochter das Thema Verhütung anspricht – egal, wie alt sie ist. Einzig und allein aus dem Grund, weil sie sich um sie sorgen und nicht wollen, dass sie verletzt wird», weiss Frau Dr. med. von Seefried. Sie hält aber weiter fest: «Eine ungewollte Schwangerschaft ist etwas vom Schlimmsten, das in der Pubertät passieren kann. Wenn Sie Ihre Tochter entsprechend aufgeklärt haben, vertrauen Sie als Eltern darauf, dass Ihre Tochter weiss, worauf sie sich einlässt und gehen Sie das Thema Verhütung offen an.»
Die richtige Fachperson finden
Ausgebildete Gynäkologinnen und Gynäkologen können alle Frauen beraten, untersuchen und behandeln – ganz unabhängig vom Alter der Patientin. Sucht ein Mädchen eine Frauenärztin oder einen Frauenarzt, ist es wichtig, dass sie diese Person sympathisch findet. Anhand von Websites oder persönlichen Empfehlungen kann sie entscheiden, von wem sie sich beraten und untersuchen lassen will und diese Fachperson aufsuchen. Es ist sinnvoll, bei der Anmeldung zu erwähnen, dass es sich um eine erste Beratung handelt. So kann sich die Fachperson auch genügend Zeit für das Gespräch einplanen.
Dr. med Bettina von Seefried
Frau Dr. med Bettina von Seefried ist Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe FMH, speziell operative Gynäkologie und Geburtshilfe, FMH. Als Fachperson und Mutter von drei Mädchen kennt sie die Sorgen und Ängste von Eltern und Kindern, die in der Pubertät aufkommen und steht ihnen beratend zur Seite.