Marc Spielmann, was sind die wichtigsten gesundheitlichen Vorteile der frischen Bergluft?
Die Bergluft hat eine geringere Feinstaub- und Allergenbelastung durch Pollen und Gräser. Aber auch die Hausstaubmilbenkonzentration ist geringer. Die letzteren beiden Aspekte sind vor allem für Allergiker relevant.
Warum belastet Feinstaub unsere Atemwege?
Feinstäube dringen durch ihre sehr geringe Teilchengrösse mit dem Atemstrom sehr tief in die Atemwege vor. Dort können sie schlecht oder gar nicht abgebaut werden und verursachen eine Entzündungsreaktion. Diese Entzündung kann langfristig die Atemwege verändern und zu einer Reduktion der Lungenfunktion führen.
Gibt es wissenschaftliche Studien oder Erkenntnisse, die die positive Wirkung der Bergluft auf die Gesundheit belegen?
Mittlerweile sind die Zusammenhänge zwischen der Feinstaubbelastung und dem Auftreten von Atemwegserkrankungen und der Reduktion an Lungenfunktion gut belegt. In Bergregionen treten diese Veränderungen eben weniger häufig auf. Das sind aber langfristige Ergebnisse.
In einer Studie konnte gezeigt werden, dass ein Rehabilitations-Aufenthalt von schweren Asthmatikern in der Höhe (zum Beispiel in Davos) grössere positive Effekte aufweist als eine Reha an der Küste.
In einer anderen Studie aus Österreich zeigte ein aktiver Urlaub in den Bergen grössere positive Effekte auf die Lebensqualität als ein Kultururlaub in der Grossstadt. Diese Vorteile konnten auch noch in einer Nachuntersuchung, 60 Tage nach dem Urlaub, nachgewiesen werden.
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«Man sollte gut auf seinen Körper hören und Warnsignale ernst nehmen.»
Haben Sie persönliche Empfehlungen, wie man den Aufenthalt in der Bergluft am besten nutzt, um die Gesundheit zu fördern?
Es ist sinnvoll, in den ersten Tagen keine extremen Wanderungen mit grossen Höhendifferenzen zu machen. Ein moderates Steigern ist richtig. Je höher man kommt, desto mehr Vorsicht ist geboten. Man sollte gut auf seinen Körper hören und Warnsignale wie Luftnot, Beinschwellungen oder Blutdruckerhöhungen ernst nehmen. Neben richtiger Kleidung, ausreichender Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme und Sonnschutz, ist es ratsam, nicht alleine loszuziehen und wenn möglich ein Mobiltelefon dabei zu haben. Gegebenenfalls sollte man vor einer anspruchsvollen Wanderung die vorgesehene Route im Hotel, der Pension oder Hütte hinterlassen und diese Route auch so angehen.
Was würden Sie Menschen raten, die gesundheitliche Probleme haben und einen Aufenthalt in einer Bergregion planen?
Ich denke, dass das Vorhaben (Ort, Höhe, geplante Aktivitäten, Dauer usw.) gut und rechtzeitig mit dem Hausarzt oder der Hausärztin diskutiert werden sollte. Basisuntersuchungen sind unter Umständen erforderlich bis hin zu umfangreicheren Abklärungen wie Lungenfunktionsprüfungen, Ultraschall vom Herzen und Belastungstests (z.B. Ergometrien). Hierdurch kann die individuelle Leistungsfähigkeit abgeschätzt werden und Patient*in und Arzt bekommen ein Gefühl dafür, was geht und was eher nicht (mehr) geht.
Prof. Dr. med. Marc Spielmanns
Prof. Dr. med. Marc Spielmanns ist Chefarzt und ärztlicher Leiter der Klinik Wald. Dazu ist er ärztlicher Direktor pulmonale, kardiovaskuläre und internistisch-onkologische Rehabilitation und Mitglied der Geschäftsleitung der Kliniken Valens.