Im digitalen Alltag verbringen wir Stunden über Stunden vor dem Laptop. Doch damit nicht genug: Weitere Stunden widmen wir unserem Smartphone. Unsere Augen werden dadurch stark beansprucht. Doch es gibt gute Nachrichten: Mit gezieltem Augentraining können wir unsere Sehkraft stärken und unsere Augen entlasten.
Warum Bildschirme unsere Augen überfordern
Beim Blick auf den Bildschirm müssen die Augen über längere Zeit statisch in die Nähe schauen. Dabei müssen sie ständig konvergieren (einwärts Bewegung der Augen) und akkommodieren (scharfstellen, zoomen). Für unser visuelles System ist das eine Anstrengung, weil es das Gegenteil unserer natürlichen Blickrichtung – die Ferne – ist. Zudem reduzieren wir die Blinkfrequenz beim konzentrierten Blick in die Nähe. Dies führt zu trockenen Augen und unter Umständen zu Kurzsichtigkeit. Für die Sehexpertin Silvana Dätwiler ist es daher nicht verwunderlich, dass vor allem Jugendliche immer häufiger eine Kurzsichtigkeit entwickeln.
Das Office-eye-Syndrom beschreibt die müden, gereizten Augen nach einer Bildschirmtätigkeit. Bei intensiver Bildschirmarbeit fokussieren die Augen stundenlang in die Nähe. Der fehlende Blickwechsel – zum Blick in die Weite – führt zu einer dramatischen Abnahme der Blinzelfrequenz. Bleibt das Blinzeln aus, verdunstet die wässrige Schicht des Tränenfilms. Es kommt zu Anzeichen von Sehstress. Typische Symptome sind trockene Augen, verschwommenes Sehen, Augenbrennen, Augenrötung, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche.
Blaulicht von digitalen Medien kann den zirkadianen Rhythmus (Tag-Nacht-Rhythmus) negativ beeinflussen. Dieser wird normalerweise über den Blaulichtanteil des natürlichen Tageslichtes gesteuert. Es ist noch nicht ausreichend wissenschaftlich geklärt, ob eine Blaulichtbestrahlung über lange Zeit ein gesundheitliches Risiko für die Netzhaut darstellt. Durch spezielle Beschichtungen auf Brillengläsern wie beispielsweise ein Blaulichtfilter wird ein grosser Teil der Blaustrahlen gefiltert. Auch die Bildschirmfarbe kann permanent auf Nachtmodus (leicht gelblich, weniger grell) umgeschaltet werden, um die Blaulichtbestrahlung zu reduzieren. Dies kann einen positiven Effekt auf das vegetative Nervensystem haben.
Augentraining für mehr Wohlbefinden
Die Augenmuskeln sind für die Fokussierung und das Bewegen der Augen verantwortlich. Um die Augen vom starren Blick auf den Bildschirm und dem Licht zu entlasten, verhilft Augentraining zu mehr Bewegung im visuellen System. Genauso wie unser Körper Abwechslung in der Bewegung benötigt (zum Beispiel vom Sitzen zum Stehen), benötigen auch unsere Augen Flexibilität. Augentraining trägt daher dazu bei, die Fähigkeit der Augen zu verbessern, sich schnell auf verschiedene Entfernungen und Lichtverhältnisse einzustellen. Durch gezielte Übungen wird die Blutzirkulation im Augenbereich optimiert, was zu einer besseren Versorgung der Augen mit Nährstoffen und Sauerstoff führt. Zusätzlich steigert das Training die visuelle Aufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit.
Drei Augenübungen für den Alltag
Entspannen - Palmieren
Entspannen Sie Ihre Augen und gönnen Sie ihnen eine Pause vom Licht sowie von den visuellen Reizen des Bildschirmes. Eine kurze Auszeit fördert die Konzentration und Ausdauer. Diese Übung machen Sie bestenfalls einmal am Vor- und einmal am Nachmittag
Anleitung
- Reiben Sie die Handinnenflächen (Palms) kräftig aneinander bis sie warm sind.
- Legen Sie die warmen Hände wie Körbchen ohne Druck über die Augen, so dass es komplett abdunkelt.
- Sie können Ihre Augen offen oder geschlossen halten.
- Spüren Sie die Dunkelheit und wie sich Ihre Gesichtsmuskulatur und Augen entspannen. Atmen Sie dabei tief ein und aus.
- Nach ca. zwei bis drei Minuten können Sie langsam Licht zu Ihren Augen lassen und wieder in den Alltag zurück.
Aktivieren – Augen bewegen
Yoga für die Augen: Um den statischen Blick auf den Bildschirm zu kompensieren und alle Augenmuskeln zu aktivieren, hilft diese Übung. Sie wirkt aktivierend und gleicht die Muskeln aus. Die Übung fördert zudem den Tränenfluss und Blinkfrequenz, was gegen trockene Augen helfen kann.
Anleitung
- Strecken Sie einen Arm nach vorne aus – den Daumen nach oben gerichtet.
- Folgen Sie mit Ihren Augen dem Daumen und zeichnen Sie langsam grosse liegende Acht (Unendlichzeichen) in die Luft. Der Mittelpunkt ist die Nasenwurzel.
- Sie spüren vielleicht an gewissen Stellen Zug oder Druck. An diesen Stellen können Sie die Bewegung verlangsamen und wiederholen.
- Zeichnen Sie in jede Richtung zehn liegende Acht und wiederholen Sie dies mit einer kurzen Pause von zehn Sekunden dazwischen. Blinzeln Sie nach jeder Wiederholung.
Kräftigen – Nah-Fern-Anpassung
Bewegung für die Augen ist nicht nur den Blick nach rechts, links, oben und unten zu richten, sondern auch in die Nähe und Ferne. Diese Übung ist für die Kräftigung der schnellen Anpassung auf ein fernes und ein nahes Objekt. Mit dieser Übung trainieren Sie unter anderem die Akkommodation, also das Scharfstellen und Zoomen. Als Ausgleich zum eintönigen und verkrampften Blick auf den Bildschirm.
Anleitung
- Halten Sie einen Stift ca. dreissig Zentimeter vor Ihre Augen und fokussieren Sie zwanzig Sekunden die Spitze und stellen Sie diese scharf.
- Nun sehen Sie über die Spitze hinweg in die Ferne bis Sie ein Objekt (weitentfernter Baum, Wald, Haus, Horizont) scharfgestellt haben – es erscheinen zwei parallele Stifte.
- Legen Sie während zwanzig Sekunden den Kopf rechts und links zur Seite und beobachten Sie, wie sich die Stifte auf und ab bewegen.
- Wiederholen Sie diesen Ablauf mehrmals während drei Minuten.
Silvana Dätwiler ist Sehspezialistin im Sehzentrum Zürich. Zusammen mit ihrem Team kümmert sie sich um die ganzheitliche Gesundheit des Auges – mit Seh- und Augentrainings sowie der Wahl der richtigen Sehhilfe.