Sie haben bereits viel in Ihr Training investiert, doch die grossen Fortschritte bleiben aus? Wer nicht Profisportler*in, hat nicht unbegrenzt Zeit, zu trainieren. Es gibt aber einfache Tricks, mit denen Sie Ihr Training effizient gestalten, neue Akzente setzen und Ihre Ziele erreichen können.
Bock uf Bike: Trainingstipps für Fortgeschrittene
Haben Sie sich neue Ziele für Ihr Sport-Training gesetzt? Wollen Sie endlich auf Ihrer Lieblingsstrecke einen neuen (persönlichen) Rekord schaffen? Oder Ihr Training auf ein neues Level heben? Mit unseren Tipps wird Ihnen das gelingen.
Neben Job, Familie, Haushalt, Freunden und anderen Hobbys bleibt einem nicht immer genügend Zeit, um ausführlich zu trainieren. Das merkte auch Alexander. Seine grosse Leidenschaft ist das Biken. Doch seit einiger Zeit ist es schwieriger geworden, grosse Fortschritte zu machen. Bisher versuchte er vor allem mit Quantität seine Leistung zu steigern. Er fuhr dieselben Bike-Strecken immer und immer wieder ab. Doch die grosse Trainingserfolge blieben aus. Deshalb hat Alexander sich Tipps von den Expert*innen von Swiss Cycling, dem Schweizer Radsportverband, eingeholt. Sein grosses Ziel: Die persönliche Bestzeit auf seiner Liebslings-Bikestrecke zu unterbieten und den Churer Mittenberg in unter 32 Minuten zu erreichen.
Wollen auch Sie erfahren, wie Sie effizient Fortschritte erzielen können? Dann beachten Sie folgende Trainingstipps und Sie werden Ihr Training auf ein neues Level heben.
Es stimmt eben doch: Viel hilft viel. Um eine Leistungssteigerung zu erreichen, müssen Sie Ihren Körper stärker belasten, als was er sich gewohnt ist. Das bedeutet aber nicht, dass Sie einfach immer stärker in die Pedalen treten oder immer schneller Joggen müssen. Vielmehr ist es die Vielfalt, die das Trainingsprogramm effektiv macht.
Gestalten Sie Ihr Training wie folgt:
80/20 Regel
- 1 bis 2 intensive Trainings pro Woche -> z.B. High Intensity Interval Training (HIIT) (siehe Erklärung weiter unten)
- Restliche 80% der Trainingszeit sollte im Grundlagenbereich gemacht werden
Weshalb so viel Grundlagentraining? Tatsache ist, dass ohne eine gesunde Basis eine kontinuierliche Verbesserung der Fitness schwierig ist.
So gilt von Einsteigenden bis zu Profis: Langsame Einheiten machen auf Dauer schneller. Denn durch lockeres Training werden Sie mit der Zeit schneller, ohne dass Ihr Herz oder Körper überfordert werden. Auch wenn Sie manchmal etwas Geduld aufbringen müssen: Es lohnt sich – die langfristigen Fortschritte, gerade im Wechselspiel mit den HIIT-Einheiten, sind beachtlich.
Erholung
Vergessen Sie aber nicht, entsprechende Erholungsphasen mit einzuplanen. Bei Vernachlässigung der Erholungsphasen wird das Leistungsniveau weder gehalten noch verbessert. Planen Sie sich Ruhetage gezielt ein und gönnen Sie sich regelmässig ein Bad, oder auch mal eine Massage oder ein anderes «Wellness-Programm». Die Zusatzversicherung ÖKK NATUR übernimmt verschiedene Erholungsprogramme bei anerkannten Therapeut*innen.
In der Trainingslehre unterscheidet man je nach Modell zwischen drei bis fünf Trainingsintensitätszonen.
Im Hobbybereich oder allgemeinen Breitensport findet das Training vor allem in den mittleren drei Zonen statt. Weshalb diese im Folgenden etwas genauer erklärt werden.
Grundlagenausdauerbereich
Empfinden: Locker bis ein wenig anstrengend – man kann sich problemlos unterhalten. In diesem Tempo kann man mehrere Stunden unterwegs sein.
Effekt: Hier werden vor allem die allgemeine Ausdauer und der Fettstoffwechsel trainiert. Das heisst, dass die Muskeln ihre Energie aus den Fettreserven erhalten (=Fettstoffwechsel). Ein solches Grundlagentraining schont die limitierten muskulären Zuckerspeicher (Glykogen) und das Laktat* im Blut steigt nicht an, die Muskeln «übersäuern» also nicht.
Übergangsbereich
Genauer gesagt: Aerober/anaerober* Übergangsbereich
Empfinden: Moderates Tempo, es wird zunehmend anstrengend und die Atmung geht etwas schneller/schwerer. Sprechen funktioniert nicht mehr so flüssig. Diese Intensität zieht man maximal eine Stunde durch.
Effekt: Die Energie wird durch eine Mischform von Fett- und Kohlenhydrat-Verbrennung bereitgestellt – wobei die Zufuhr von Kohlenhydraten je länger/intensiver desto wichtiger wird (=Mischstoffwechsel). Bei diesem Training steigt der Laktatwert* im Blut an, das heisst, die Muskeln beginnen leicht «sauer» zu werden. So lange aber die sogenannte anaerobe Schwelle* nicht überschritten wird, kann der Körper das Laktat* in Energie umwandeln und die Leistung wird nicht gehemmt.
Stehvermögensbereich
Empfinden: Intensiv – es ist richtig anstrengend und die Atmung geht schwer. Diese Intensität zieht man meist nur über Sekunden bis einige Minuten durch.
Effekt: Das Laktat* im Blut steigt überproportional an. Deshalb übersäuern die Muskeln und beispielsweise die Oberschenkel beginnen «zu brennen». Im Gegensatz zum Übergangsbereich ist in dieser Zone nur noch ein Kohlenhydratstoffwechsel möglich. Da der Körper Kohlenhydrate nur beschränkt speichern kann, entleert sich der Speicher schnell. Entsprechend hat der Körper schnell zu wenig Energie und die Belastung muss abgebrochen werden. Eine zusätzliche Zufuhr von Kohlenhydraten (z.B. Apfelshorley und Sportgetränke) hilft, die Intensität etwas länger aufrecht erhalten zu können.
Es gibt verschiedene Methoden zur Messung der Intensität. Wer dies ohne Hilfsmittel machen will, richtet sich nach seinem subjektiven Empfinden. Genauer und wahrscheinlich am meisten verbreitet ist die Trainingssteuerung basierend auf der Herzfrequenz (Puls), die mit einer Sportuhr oder einem Bikecomputer und Pulsgurt gemessen wird.
Wer noch einen Schritt weitergehen möchte, sollte wissen, wie seine persönlichen Zonen aufgeteilt sind – denn dies variiert von Person zu Person und ist abhängig vom aktuellen Fitnesszustand. Um die Zonen zu ermitteln, können Sie eine Standortbestimmung in Form eines Leistungstests machen, zum Beispiel bei einer*einem (Sport-)Ärzt*in, durch moderne Sportuhren oder mit dem kostenlosten Engine Check speziell für Radsportler. Mehr zur Standortbestimmung lesen Sie in diesem Beitrag.
Für die längeren Ausdauereinheiten sollten Sie sich im Bereich der Grundlagenausdauer bewegen, wohingegen Sie im spezifischen Techniktraining eher im moderaten Tempo, dem Übergangsbereich, trainieren.
Zonen-basiertes Training bedeutet aber nicht, dass jedes Training einfach in einer dieser Zonen ausgeübt wird. Fast alle Trainings sollten ein Aufwärmen und Ausfahren im unteren Grundlagen- oder allenfalls sogar Regenerationsbereich beinhalten, bevor das eigentliche Training in der geplanten Intensitätsstufe startet.
Möchten Sie Ihre Leistung effizient steigern? Dann helfen regelmässige High Intensity Interval Trainings. Bei diesem Training wechseln Sie gezielt zwischen den Trainingszonen hin und her.
Mit dem sogenannten High Intensitiy Interval Training trainieren Sie gleichzeitig Muskeln, Stoffwechsel und die Ausdauer.
Eine HIIT-Einheit besteht aus einer Reihe von kurzen Intervallen, die die Herzfrequenz auf ein hohes Niveau bringen. Zwischen den intensiven Sets liegen kurze Erholungsphasen, bei welchen man gezielt versucht, die Herzfrequenz wieder herunterzubringen – möglichst in die Grundlagen-Zone.
Je nach Ziel, Fitnesszustand und Sportart können sich die Trainingseinheiten unterscheiden.
Für die Hobby-Biker und -Radsportlerinnen empfehlt der Swiss Cycling Experte folgendes Training:
4 Sets à 4 Minuten intensiv mit jeweils 3 Minuten Pause dazwischen
- Aufwärmen: ca. 10min (Grundlagenbereich)
- 4x maximales Auspowern: 4min (Maximalbereich)
- Unterbrochen von lockerem Fahren oder Laufen: 3min (Grundlagenbereich)
- Schliesslich lockeres ausfahren oder auslaufen (Grundlagenbereich)
Auch Alexander hat es gemerkt: Sein bisheriges Training bringt ihn nicht wirklich weiter. Vielen anderen geht es genau gleich, sie machen den Trainingsfehler Nummer 1: Sie trainieren die längeren Einheiten, die eigentlich eher locker, sprich im Grundlagenbereich, sein sollten, zu intensiv. Anstatt in der ersten Zone zu bleiben, kommen sie so in die mittlere Zone.
Ein möglichst hohes Tempo oder hartes Training bewirken nicht automatisch die gewünschten Trainingsergebnisse. Denn, wenn Sie zu oft und zu lange in der mittleren Zone, dem Übergangsbereich, trainieren, verbraucht Ihr Körper zu viel Energie. So bleibt dem Körper nicht mehr genügend Energie, um die kurzen intensiven Einheiten (z.B. HIIT) zu absolvieren.
Dies hängt vor allem mit der Energiebereitstellung zusammen. Während man im Grundlagentraining vor allem den Fettstoffwechsel ankurbelt und die Energie zu einem grösseren Anteil aus den «Reserven» gewonnen wird, kann der Körper mit zunehmender Belastung nur noch schnellverfügbare Energie in Form von Kohlenhydraten (Zuckerarten) verwerten, da für die Fettverbrennung zu wenig Sauerstoff in den Körper gelangt. Da der Körper Kohlenhydrate – anders als Fett – nur sehr bedingt im Körper speichern kann, werden diese Speicher schneller «geleert» und stehen für die intensiven Einheiten nicht mehr wie gewünscht zur Verfügung. Das Training kann im Endeffekt nicht ausreichend intensiv ausgeführt werden.
Aerob bedeutet, dass die Stoffwechselprozesse (Energiebereitstellung im Muskel) mit Sauerstoff ablaufen. Anaerob hingegen bedeutet, dass die Energie in der Muskelzelle mehrheitlich ohne Sauerstoff gewonnen wird. Bei der Energiegewinnung – sei es aus Fetten oder Kohlenhydraten –entsteht ein Stoffwechselnebenprodukt, das Laktat.
Je höher die Intensität, umso mehr entsteht ein Sauerstoffmangel im Muskel. Die Energie muss schnell und sauerstoffunabhängig bereitgestellt werden. In diesem Prozess kann das Laktat aufgrund des fehlenden Sauerstoffs nicht vollständig abgebaut werden und es kommt zu einer Laktat-Anhäufung und damit zur Muskelübersäuerung – was schliesslich dazu führt, dass das Training abgebrochen werden muss.
Die aerobe Schwelle liegt dort, wo der Laktatspiegel im Blut ein erstes Mal zu steigen beginnt und somit vermehrt auf die Kohlenhydrate zur Energiegewinnung zurückgegriffen werden muss. Die anaerobe Schwelle liegt dort, wo die Laktatkonzentration im Blut gerade so hoch ist, dass sie noch soweit abgebaut werden kann, ohne dass es zu einer überproportionalen Laktatanhäufung und somit einer Übersäuerung im Muskel kommt.
Diese beiden Schwellen und somit auch die Aufteilung der Trainingszonen sind individuell. Je fitter eine Person ist/wird, umso höher liegen die Schwellen.